27. – 29.11.2009: indeterminate revolution!

Vom 27.– 29. November 2009 wird im Institut für Vergleichende Irrelevanz und anderen Orten in Frankfurt am Main der Kongress „Indeterminate! Revolution“stattfinden.

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„Wir brauchen eine neue Revolution!“ heißt es gegenwärtig in einem TV-Werbespot eines großen Automobilherstellers. Die Firma Dacia lässt Marx, Che und Fidel auftreten, die sich aber nicht für die Enteignung der Bourgeoisie, sondern für mehr Fahrkomfort einsetzen. Man kann das als Zeichen für vieles sehen – Ent- oder Repolitisierung, Ausverkauf oder neue Kreativität, vor allem zeigt der Spot aber, dass der Begriff der Revolution von seiner Faszinationskraft auch nach mehr als 200 Jahren nach dem Sturm auf die Bastille nichts eingebüßt hat. Kaum ein anderer Begriff hat die Geistesgeschichte in den letzten beiden Jahrhunderten so stark geprägt wie der Begriff der Revolution: Es gibt soziale und politische, künstlerische und wissenschaftliche, industrielle und technische, modische und sexuelle Revolutionen. Die Möglichkeit der Revolution garantiert die Möglichkeit der Freiheit und der Emanzipation: Das Vorgefundene ist nicht gottgegeben oder natürlich, sondern kann verändert werden. Auf der anderen Seite haben revolutionäre Umwälzungen, insofern sie das soziale Leben betrafen, immer wieder Exzesse der Gewalt und der Zerstörung, des Terrors und des Leids mit sich gebracht. Wenn aber die Welt dennoch nicht einfach so akzeptiert werden soll, wie sie ist, dann stellt sich die Frage, auf welche Weise die Gesellschaft insgesamt verändert werden kann, ohne die Fehler traditioneller Konzepte von Revolution zu wiederholen. Dafür muss nicht nur über die Form des Neuen nachgedacht werden, sondern auch darüber, wie dahin zu gelangen ist.

Der Kongress will künstlerische, theoretische und politische Bearbeitungen des Begriffs der Revolution zusammenbringen. In Form von Vorträgen, Filmen, Konzerten, Lectures und vorallem in Workshops, soll ein Aktualisierungsversuch des Begriffs Revolution unternommen werden. Dabei steht Revolution als Platzhalter und Chiffre, soll aber trotzdem nicht von seinen allgemeinen historischen Implikationen und auch nicht von einer aktueller Relevanz für linke Praxen im Besonderen losgelöst diskutiert werden. Als eine der größten Schwierigkeiten bei der Beschäftigung mit Revolution erscheint die Frage danach, wie sich ihre verschiedenen Ebenen und Momente – beispielsweise Politik, Ökonomie, Kunst, Kultur, Alltag – zusammen denken lassen. Denn nur so kann auch der Gefahr eines reduktionistischen Hauptwiderspruchsdenkens entgangen werden, bei dem die Kategorien von Staat und Kapital die alleinigen strukturierenden Elemente vieler Diskussionen sind und damit auch andere Perspektiven determinieren.

Der Kongress könnte ein Forum sein kritisch über Spannungsfelder, Grenzen und Möglichkeiten der Revolution nachzudenken. Was kann das Konzept Revolution heute noch bedeuten? Welche Formen von Revolution gibt es eigentlich? Wie grenzen sich diese von anderen Weisen sozialer Veränderungen wie der Reform oder der Subversion ab? Worin unterscheidet sich die Revolution von der Utopie? Gibt es eine spezifische Zeitlichkeit von Revolution? Was passiert danach? Wie können wir über historische Revolutionen sprechen und nachdenken und lassen sich diese aktualisieren? Ist Revolution im Angesicht der „Trümmer der Vergangenheit“ überhaupt noch denkbar? Wohin mit den scheiternden Revolutionen? Wie kann man über das Leid und den Terror vergangener Revolutionen sprechen, ohne das in ihnen entfachte Begehren nach einer ganz anderen Welt zu diskreditieren? Wie ist das Verhältnis von Revolution und Gewalt? Ist eine Revolution ohne Gewalt überhaupt denkbar? Braucht Revolution eine Avantgarde? Wer ist das revolutionäre Subjekt? Welche Rolle spielen vergangene Revolutionen in der Theoriebildung und politischen Praxis heute? Wie wurde und wird der Begriff der Revolution theoretisch diskutiert? Was wird heute unter revolutionärer politischer Praxis verstanden?

Indeterminate! verstehen wir als Aufruf, Unhinterfragtes zu hinterfragen – als Möglichkeit, den Begriff von Revolution selbst zu revolutionieren.

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