oktober/november 2008
gg_uni 8.o: spatial (de)constructions

gg_uni 8.0 – spatial (de) constructions, das komplette programm als download (*.pdf)

8. Frankfurter Gegen-Uni *spacial (de)constructions – Stadträume zwischen Dimensionierung, Umbau und Aneignung* (27.10. – 9.11.2008)

[update 31.10.2008]

[Breaking News 31.10.] Die Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit Friederike Habermann beginnt heute, Freitag, 31.10.2008 bereits um 19.00 Uhr. Mehr

8. Frankfurter Gegen_Uni 27.10 – 9.11.2008.

*Spatial (De)Constructions – Stadträume zwischen Dimensionierung, Umbau und Aneignung*

Aufruf

Übersicht

Veranstaltungen
Theorieeinführungen (Linke Liste – LiLi)
Workshops (AK Kritsche Geographie)
Abendveranstaltungen
Autonome Tutorien
Ausstellung
Party/Konzert/Kiosk /Film

Spatial (De)constructions – Stadträume zwischen Dimensionierung, Umbau und Aneignung.

Aufruf zur 8. Frankfurter GegenUni am Institut f. vergl. Irrelevanz, Frankfurt am Main, vom 27.10. – 9.11.2008.

»Il y a donc des pays sans lieu et des histoires sans chronologie; des cités, des planètes, des continents, des univers, dont il serait bien impossible de relever la trace sur aucune carte ni dans aucun ciel, tout simplement parce-qu’ils n’appartiennent à aucun espace. Sans doute ces cites, ces continents, ces planètes sont-ils nés, comme on dit, dans la tête des hommes, ou, à vrai dire, dans l’interstice de leurs mots, dans l’épaisseur de leurs récits, ou encore dans le lieu sans lieu de leurs rêves, dans le vide de leurs coeurs; bref, c’est la douceur des utopies.« (Michel Foucault, 1966)

IG-Farben-Campus.

2014, so plant die Leitung der Universität, wird der Umzug auf den IG Farben Campus abgeschlossen sein. Die letzten Kisten werden ein- und nicht nicht einmal zwei Kilometer entfernt wieder ausgepackt werden. Dabei wird, wie es so ist, allerlei unnützer Kram nicht einmal mitgenommen werden oder spätestens auf der Strecke verlorengehen. Doch nicht nur unliebsame Lehr- und Forschungsinhalte, Freiheiten im Studium, etc. werden aussortiert. Auch die Stadtteiluniversität wird passé sein und in einem zwar weitläufigen, jedoch durch allerlei Grenzziehungen räumlich eingefassten Campus verdichtet. Die räumliche Dimensionierung bleibt nicht ohne Effekt auf das Subjekt. Das Um-bauen von Raum, Architektur, ist Materialisierung hegemonialer Ideologien. Es soll im Falle des IGF eine Athmosphäre schaffen in der der universitäre Alltag der Studierenden von ihrem restlichen Alltag abgeschnitten wird, in der die Erfahrungen des Studiums keinen anderen Belang haben als als Glied einer Wertschöpfungskette zu fungieren, die dem schließendlichen Einbau eines flexibilisierten Arbeitssubjekts in den Gesamtzusammenhang dient.

Neben den allseits präsenten Emblemen der Warenproduktion, in Gestalt der Labels der Sponsoren der Stiftungsuniversität, strukturiert der »Monumentale Tummelplatz der Reflexion« (Steinberg) qua Architektur das Verhalten derer, die ihn betreten und benutzen (dürfen). So schafft die Disziplinierung qua Dimensionierung der Bauten einen Objektivitätsüberhang, gegen den es immer schwerer wird anzugehen.

Kreative Zentren: Nennt es ruhig Arbeit.

Der Umbau der Universität ist in der zielgerichteten Veränderung des städtischen Raumes lediglich ein Item unter vielen. Durch die internationale Konkurrenz der Metropolen werden zahlreiche (in der jeweiligen Stadt) abgeschottete »Städte des Wissens« (Dräger, ehem. Wissenschaftssenator Hamburgs) entstehen in denen dies Wissen ausnahmslos bereits als Ware produziert wird. Der Kontext der Univiersität greift aber mehr noch in die Veränderung der Stadt ein als durch den Bau der Campi. Stadtteile werden als chic ausgerufen, bezahlbarer Wohnraum für Studierende und Atelierflächen für Künstler_innen feilgeboten, avantgardistische Partylocations schaffen es in die Hochglanzmagazine.

Das Zauberwort »Kreativität« bestimmt die Diskurse seit längerem. Eine Stadt von Welt benötigt nämlich auch so etwas wie kreative Zentren, den Chic der von ihnen ausgeht.

Mainstream- und Avantgardekulturen unterhalten ein wechselseitiges Verhältnis (Mainstream der Minderheiten) zueinander. Der relevante Operator im Umbauprozess ist dabei eine sogenannte »Gebildete Avantgarde« ( educated vanguard ), die zur Hoch- und Mainstreamkultur, wie auch zu den eigentlichen Subkulturen gleichwertige und allgemein akzeptierte Beziehungen eingehen kann. In ihr tummeln sich ausser Studierenden Künstler_innen, die idR. zumindest einen akademischen Bezug haben, wie junge (Underground)Mode- und Filmmacher_innen, bildende Künstler_innen, etc., die ja allesamt häufig mit dem Pejorativ »Kunsthochschüler_innen« gelabelt werden.

Aus verschiedenen Blickwinkeln bietet sich diese educated vanguard als »Türöffner« an, öffentlich häufig auch umstrittene Umbaumaßnamen in der Stadt vorzubereiten. U.a. dadurch, daß der Antagonismus quer zu ihr verläuft: diese Menschen leben und arbeiten idR. in mehr oder weniger prekären Verhältnissen, ihnen wird aber öffentlich, im Gegensatz zu anderen Milieus der Aufstieg in eine bürgerliche Existenz nicht nur zugetraut sondern es wird sicher davon ausgegangen.

Der Ausbau einer szenigen Infrastruktur macht den Stadtteil auch für die sog. new urban middleclass interessant, die jugendlich und hip sein will und sich gegelentlich auch mal auf illegalen Parties in Abrißhäusern einfindet wenn diese zB. als »Kunst« gelabelt sind. Schliesslich, so die Theorie, werden sich auch diese kaufkräftigen, und daher für die Stadt bedeutsamen Milieus nach und nach in den Szenevierteln niederlassen, und die Strukturen nach ihren Bedürfnissen verändern.

Durch die Deregulierung des Wirtschaftsraumes Stadt liegen vormals industriell oder staatlich genutzte Gebäudekomplexe und Flächen brach, die in der Hoffnung eines Investitionsbooms in das Eigentum der Stadt überführt wurden. Der Boom blieb aus, und schliesslich wurde damit begonnen diese Räume zur »Zwischennutzung« freizugeben (zB. ehemaliges Polizeipräsidium). Die Zwischennutzung bedient den Bedarf an anderen Räumen, befriedet deren Einforder_innen (die diese Räume auch besetzen könnten) und stellt ein Vetragsverhältnis zwischen Stadt und Avantgardekulturen her.

Praxis: Aneignung.

Aus dem Wissen über unsere Verortung im Umbauprozess der Stadt, ist es aber möglich dort Interferenzen und Störgeräusche zu erzeugen, durch Aneignung und Ausbau der Nischen und Residuen der Universität und der Stadt.

Stadträume werden unter Funktionalitätskriterien dimensioniert und untereinader hierarchisiert. Dabei werden bisweilen auch unterschiedlicher »Rechtsräume« konstruiert, sog. »gefährliche Orte« in denen polizeiliche Sonderbefugnisse gelten. Das führt dazu, dass in bestimmten städtischen Räumen alle anderen als die vorgesehenen Funktionsweisen ausgeschlossen werden. So wird zB. die Innenstadt den Konsument_innen vorbehalten und jugendliche Subkulturen, die diese Räume als Reproduktionsraum nutzen (zB. die Skater_innen an der Hauptwache), ausgeschlossen. Das Ausschliessen »unerwünschter« Verhaltensweisen geschieht nicht nur aufgrund der Rechtslage (wie zB. Ruhestörung), sondern anhand von Befindlichkeiten, wie die Sauberkeit von Straßen und Plätzen. Diese reinen Funktionsräume lassen sich real nicht herstellen, dh. sie werden immer auch mehr oder weniger verhandelbar sein und Interventionsmöglichkeiten von politischer Praxis bieten. Die Heterotopie ist dabei der Ort des Anderen, das ausgeschlossen und zugleich miteinbezogen wird (Lefèbvre).

Aneignung bezieht sich aber nicht nur auf eine materielle Ebene der Räume, Häuser. etc., sondern auch auf eine immaterielle der Lebensstile, Styles und Begehren. Letztere sind auch dem Modeprinzip unterworfen, und die Mode, so Walter Benjamin, setzt das Feigenblatt an die Stelle an, an der sich die Gesellschaft die revolutionäre Blöße gibt. Es verdeckt einerseits diese Stelle und zeigt sie andererseits an. Aneignungsapraxis kann sich dabei sinnvoll auch »Praktiken« der Kulturindustrie bedienen, in der »Kreativität« auch als Amüsierware produziert und getauscht wird.

»Die Architektur bot von jeher den Prototyp eines Kunstwerks, dessen Rezeption in der Zerstreuung und durch das Kollektivum erfolgt« (Benjamin). Zersteuung ist nach Adorno/Horkheimer Movens kulturindustrieller Produktion. Diese wird durch Irritationen im Stadtraum gestört die ein »Hinübergleiten aus den normalen Räumen in die noch nicht durchmessenen« (Kracauer) räumlich und subjektivistisch ermöglichen.

Bei der nunmehr bereits 8. Frankfurter Gegen-Uni wollen wir diese und andere Themen mit euch in zahlreichen Veranstaltungen und Workshops diskutieren, bearbeiten und Möglichkeiten kritischer Intervention in Universität und Stadt erörtern. Das Programm, das darüber hinaus durch Ausstellungen, Filmabende und eine Party komplettiert wird, könnt ihr demnächst einsehen unter:

http://irrelevanz.myblog.de

Institut für vergleichende Irrelevanz (ivi), Kettenhofweg 130, Uni Campus Bockenheim, 60325 Frankfurt am Main.

Home: irrelevanz.tk
Blog: irrelevanz.myblog.de
Myspace: myspace.com/irrelevanz

Terminplan gg_uni 8.0, 27.10. – 9.11.2008


Mo 27.10.

Di 28.10.

Mi 29.10

Do 30.10.

Fr 31.10.

Sa 1.11.

So 2.11.

16.oo



LiLi (Einführung) Foucault

LiLi (Einführung) Benjamin


day off

17.oo




18.oo




Autut Zeit u. Raum

19.oo

LiLi (Eröffnung) Ivi als »Freiraum« oder Lokomotive zur Verwahrlosung des Westends

Streetart versus Graffiti / oder:

Zwei Seiten derselben Medaille?



20.oo

Ladyfeste als queerfeministische Raumpraktiken

AKG: Hegemonie, Identität und Emanzipation. Vortrag und Diskussion mit Friederike Habermann

LiLi (Film)
»Metropolis«

21.oo

[Konzert] Git Some & Jokari & Myself

[Vernissage] »dérive« mit kiosk/druzhBar


22.oo



Halloween_Filmnacht

23.oo



The Grudge/Tale of two Sisters


Mo 3.11.

Di 4.11.

Mi 5.11.

Do 6.11.

Fr 7.11.

Sa 8.11.

So 9.11.

16.oo

LiLi (Einführung) Negri

LiLi (Einführung) Diederichsen

LiLi (Einführung) Wacquant

LiLi (Einführung) tba.


day off

17.oo



18.oo


AK Kritische Geographie (Workshop) Einführung in die Radical Geo-graphy AK Kritische Geographie (Workshop) Zur Kritik inklusionärer Modelle des öffentlichen Raums Autut Zeit u. Raum (zu Lefèbvre) (Film) München – Geschichte einer Stadt

19.oo



20.oo

Sieger schreiben
Geschichte?
Diskussions-veranstaltung zum Film Der Baader Meinhof Komplex

Bernd Belina: Die Produktion des Raums bei Henri Lefebvre und David Harvey Andrej Holm: Zur Rolle der Subkultur in Gentrification-prozessen Johanna Hoerning: Groß, größer, mega? Über die
Bedeutung der Größe als Definitions-kriterium für Stadt

LiLi Veranstaltung zum Wolheim- Memorial

21.oo


22.oo



[kiosk] BarAbend




23.oo




LiLi (Party) wird verlegt auf 14.11.!


[update: 30.10.2008]

Theorieeinführungen:

#1: Einführung Michel Foucault
Mittwoch, 29.10.2008, 16.00 Uhr

„Ich sage nur, ab dem 18. Jahrhundert enthält jede Abhandlung über Politik und Regierungskunst ein oder mehrere Kapitel über Städtebau, den Bau kollektiver Einrichtungen, Hygiene, und den Bau von Privathäusern.“ (Foucault)

Vielleicht ist es tatsächlich nur dieser spröde Befund, den man im Zusammenhang von Foucault und Stadt ausmachen kann. Vielleicht lässt sich aber auch die Geschichte moderner Macht nicht ohne die Geschichte der Städte schreiben. In der Stadt treten nämlich erstmals große Ansammlungen von Menschen und Reichtümern mit ihren entsprechenden Folgeerscheinungen wie Krankheit und Kriminalität auf, wodurch ein Bedarf an Regulierungen dieser Phänomene entsteht. Wie steht die gewachsene Aufmerksamkeit der Regierungskunst mit den letztgenannten Phänomenen in Beziehung? Welchen Auswirkungen haben veränderte Rationalitäten der Machtausübung auf die Gestaltung von Städten? Und welche Bedeutung hat die Stadt für die Konstitution der Biomacht?

#2: Einführung Walter Benjamin
Donnerstag, 30.10.2008, 16.00 Uhr

Paris, Hauptstadt des 19. Jahrhunderts.
Referent: Zoran Krasnek (sinistra! // linke liste)

#3: Einführung Antonio Negri
Montag, 3.11.2008, 16.00 Uhr

Liest sich im Fordismus noch die Fabrik als der paradigmatische Ort des antikapitalistischen Widerstands mit dessen zentraler Strategie – dem Produktionsstreik – ausmachen, zerfällt dieser Zusammenhang gegenwärtig. Gerade weil die Fabrik, trotz aller Disziplinierungsbemühungen, über Jahrzehnte die Brutstätte nicht nur des Mehrwerts, sondern auch der massenhaften Vereinigung der „Totengräber“ des Kapitals war, so die These von Michael Hardt und Antonio Negri in „Empire“ und „Mulititude“, sah sich das Kapital zu einer Reihe von Ausweichmanövern gezwungen. Arbeit ist nicht mehr räumlich an den Ort der Fabrik gebunden, sondern wird überall ausgeübt, Arbeit ist nicht mehr zeitlich beschränkt, sondern die Trennung von Arbeit und Freizeit wird obsolet, Arbeit ist nicht mehr auf die (Industrie)produktion reduziert, sondern reprodukive, affektive und immaterielle Tätigkeiten werden inwertgesetzt, die Kooperation wird nicht mehr erzwungen, sondern die eigenverantwortliche Herstellung von Kooperation ist Teil der Produktivität der „multitude“. Aber wie, wann und wo ist im „biopolitischen Paradigma“ der Produktion noch Widerstand möglich? In seinem Text „Der Metropolenstreik“ versucht Antonio Negri Antworten auf diese Fragen zu geben, indem er die Metropole als Ort der Biomacht und der Verweigerung der multitude auszeichnet.

#4: Einführung Diedrich Diederichsen
Dienstag, 4.11.2008, 16.00 Uhr

Der lange Weg nach Mitte – Der Sound und die Stadt.
Referent_in: Hanni Hausschuh (un*like // linke liste)

Ein Text über den Zusammenhang von Pop-Kultur und Stadtpolitik, über ganze Viertel als Subkultur-Szene-Themenparks, über das Verschwinden politischer Horizonte sowie Gemeinsamkeiten jenseits der Tanzfläche. Der Versuch zu verstehen was Stadtdiskussionen, Architekturdiskurs, Gentrifizierung, Drogenpolitik und Innenstadtüberwachung für verschiedene Lebensweisen, Glückstechniken und Gegenöffentlichkeiten zu bedeuten haben – und eine Antwort darauf, warum, wenn Communismus die bessere Disko ist, dort bestimmt nicht Scooter läuft.

#5: Einfürung Loïc Wacquant
Mittwoch, 5.11.2008, 16.00 Uhr

Wohl kaum ein Wissenschaftler hat die Forderung von Marx „Kritik im Handgemenge“ zu betreiben so ernst genommen wie Loïc Wacquant, kaum einer so wörtlich. Für seine Feldforschung hat er in einem Boxclub in Chicagos Ghetto das Training aufgenommen, um auf Tuchfühlung mit seinem Forschungsobjekt zu kommen. Das ist ihm so gut gelungen, dass ihm selbst Pierre Bourdieu mangelnde Distanz vorgeworfen hat.

In seinen stadtsoziologischen Untersuchungen macht Wacquant das Ghetto als einen sozialräumlichen Apparat der Marginalisierung und Ausschließung sichtbar, eine Form kollektiver Gewalt, die sich im Stadtraum materialisiert. Vor dem Hintergrund einer in den letzten drei Jahrzehnten beobachtbaren regierungsstrategischen Wende – weg von der sozialstaatlichen Regulierung hin zur bestrafenden Verwaltung von Armut – verändert sich auch die sozialräumliche Beschaffenheit des Ghettos. Nimmt man Abstand vom Phantasma des Ghettos als unreguliertem, chaotischem Raum und von undifferenzierten Begriffsgleichsetzungen mit städtischem Elendsviertel oder Slum, zeigt sich die topologische Ähnlichkeit des Ghettos mit dem Reservat, dem Flüchtlingslager und dem Gefängnis.

#6: to be announced.
Donnerstag, 6.11.2008, 16.00 Uhr

Workshops (AK Kritische Geographie)

#1: Einführung in die Radical Geography – David Harvey „Zwischen Raum und Zeit“
Dienstag, 4.11.2008, 18.00 Uhr

Im Gegensatz zur deutschsprachigen Geographie konnte sich in der angelsächsischen Variante schon seit den 1970er Jahren eine gesellschaftskritische, marxistische Theorietradition in Form der „Radical Geography“ fest etablieren. Deren bekanntester Vertreter – David Harvey – hat dabei auch außerhalb geographisch-disziplinärer Grenzen maßgeblich die marxistische Theoriedebatte bereichert. Daher wollen wir in diesem einführenden Workshop gemeinsam den grundlegenden Aufsatz „Zwischen Raum und Zeit: Reflektionen zur Geographischen Imagination“ (in deutscher Übersetzung) lesen und diskutieren. Konkret wollen wir uns der Frage widmen, warum Raum und Zeit keine natürlichen Kategorien sind, sondern wie diese in jeder gesellschaftlichen Formation in Bezug zur sozialen Reproduktion und gemäß den materiellen Praktiken produziert werden. Wie lässt sich eine historische Geographie von Raum und Zeit in der kapitalistischen Epoche formulieren?

Literatur:

•  Harvey, David (1990/2007): Zwischen Raum und Zeit: Reflektionen zur Geographischen Imagination. In: Belina, B. und Michel, B. (2007): Raumproduktionen. Beiträge der Radical Geography, eine Zwischenbilanz, Münster, S.37-52 (gekürzt)
• Harvey, David (2001): Globalization and the “Spatial Fix”. In: Geographische Revue Jg. 3, H. 2, S. 23-30.

#2: Zur Kritik inklusionärer Modelle des öffentlichen Raums – AK Kritische Geographie Frankfurt

Mittwoch, 5.11.2008, 18.00 Uhr

Der Themenkomplex „öffentlicher Raum“ hat in den letzten Jahren verstärkte Aufmerksamkeit in Theorie und Praxis erhalten. Vordergründig wird in der Debatte der Verlust offener urbaner Räume durch Privatisierung und Repression beklagt. Es ist zwar richtig, dass damit die Zugangsbedinungen für unerwünschte – also nicht konsumorientierte – Gruppen zu städtischen Räumen nicht besser werden. In der Debatte findet sich aber eine Romantisierung des „früheren“ öffentlichen Raums als „für alle da“. Dass dies nicht so ist und auch nie so war wollen wir mittels eines Textes von Bernd Belina darstellen. Im Fokus wird dabei die Frage stehen, inwiefern städtischer Raum als gesellschaftlich produziert und exklusiv verstanden werden kann und wie auf dieser Grundlage die zunehmenden Kontroll- und Repressionspraxen der letzten Jahre verstanden werden können.

Literatur:

Belina B. (2003): Evicting the undesirables. The idealism of public space and the materialism of the bourgeois State. In: Decroly J.-M. et al. (Hrsg.): Belgeo. Privatisation of urban spaces in contemporary european cities. 2003 (1). 47-62.

Abendveranstaltungen:

#1: Eröffnung der Gegen_uni (Linke Liste – LiLi): Ivi als *Freiraum* oder Lokomotive zur Verwahrlosung des Westends. Inputs: un*like // Linke Liste; sinistra! // Linke Liste; AK Umzug.
Montag, 27.10.2008, 19.00 Uhr

#2: Ladyfeste als queerfeministische Raumpraktiken.
Dienstag, 28.10.2008, 20.00 Uhr

Ausgangspunkt dieser Veranstaltung sind Ladyfeste, ihre Entstehung und Entwicklung sowie ihre Verwurzelung in queer-feministischen Zusammenhängen. Nachdem ein Überblick darüber gegeben wurde, was Ladyfeste sind, sollen anhand von Beispielen verschiedener Ladyfeste und ihrer unterschiedlichen Strategien und Versuche, queer-feministische (Frei-)Räume zu schaffen, Fragen des Umgangs mit/in Freiräumen diskutiert werden.

Ladyfeste sind temporäre Versuche, Ladyspaces oder einen queerfeministischen Raum zu produzieren, wobei diese gestalteten Räume niemals „leere Behälter sind, sondern immer bereits von den vorangegangenen Ereignissen mitgeprägt werden“ (Mooshammer, Trimmel 2007). Selbstverwaltete, subkulturelle Räume, in denen Ladyfeste meist stattfinden, sind durchzogen mit gesamtgesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen; und so gibt es auch hier rassistisches, sexistisches, homo- oder transphobes Verhalten. Dem zu begegnen verlangt unterschiedliche Strategien, wie bspw. FrauenLesbenTrans*-Räume, die diskutiert werden sollen.

Mit Alek (u.a. ladyfest_ffm)

Literatur: Mooshammer, Bettina; Trimmel, Eva (2007): Ladyfest can save your life! Ladyspace als Strategie feministischer Raumproduktion. In: Eismann, Sonja (Hg.): Hot topic. Popfeminismus heute. Mainz, S. 184–189.

#3: Streetart versus Graffiti / oder: Zwei Seiten derselben Medaille?
Mittwoch, 29.10.2008, 19.00 Uhr

Interviews zum Thema »Hype um Streetart« mit Künstlern der backjumps-Ausstellung 2007 im Kunstraum Kreuzberg in Berlin

»Backjumps sieht sich in der Verantwortung, das fehlende Hintergrundwissen an der Schnittstelle zwischen Straße und ‘White Cube’ zu kommunizieren«, so schreiben die Organisatoren und Organisatorinnen der dritten backjumps-Ausstellung im Vorwort zu ihrem Ausstellungskatalog 2007. Genau dieses Thema hat mich zu meiner Magisterarbeit mit dem Titel »Streetart zwischen Alltagskultur und Kunstwelt. Eine kritische Sicht auf verschiedene Repräsentationspraktiken einer postmodernen Subkultur« inspiriert. Wie ist das für die einzelnen Künstler und Künstlerinnen zu vereinbaren: Authentizität und Idealismus auf der einen Seite und Geld-Verdienen und Ausverkauf auf der anderen? Ich habe dazu mehrere VeranstalterInnen und KünstlerInnen und natürlich auch BesucherInnen von Streetart/Graffiti-Ausstellungen im deutschsprachigen Raum interviewt.

In meiner Arbeit entstand eine interessante Konstellation und Diskussion der Felder Dresden (Streetart-Künstler NoLogo), Düsseldorf (Kuratoren-Kollektiv um die Galerie Revolver) und Hamburg (»high art«-Streetart-Kurator und -Sammler Rik Reinking). Meine Mitarbeit und die Interviews während der backjumps-Ausstellung fanden leider aus »dramaturgischen« Gründen keinen Platz mehr im Text der Magisterarbeit, können aber als einzelner Vortrag die Veränderungen der Graffiti- hin zur Streetart-Szene (und ihr friedliches Nebeneinander) greifbar und verstehbar machen. Der Old-School-Writer Cemnoz kann als aktiv gebliebener Writer paradigmatisch für die Geschichte von Graffiti in Deutschland stehen. Insbesondere seine Äußerungen bilden die Diskussionsgrundlage des Vortrags zum Verhältnis von Streetart und Graffiti, wodurch dann auch grundsätzlichere Gedanken zu Kunst und Alltagskultur, Straße und Museumskontext, möglich werden: »Es tritt dabei ein merkwürdiger Effekt zutage: dass nämlich der Kontext eines Objekts höhere Bedeutung gewinnt als das Werk an sich. Das Auftauchen eines Werks in einem anderen/neuen Kontext kann dazu führen, dass sich dessen Bedeutung radikal verschiebt. Vielleicht meinte Walter Benjamin mit seinem Verlust der Aura auch gerade dieses Moment, da die tatsächliche Sammlung und Stellungnahme einem Werk gegenüber nicht (also zunehmend weniger) möglich ist, wenn durch den Kontext schon längst tendenziell entschieden ist, wer das Werk wie empfindet. Kunst ist somit mehr Mittel der Kommunikation, denn der
Reflexion, geworden. Der ästhetische Rahmen entscheidet, mehr noch als die Ästhetik des Werkes selber, über die Bedeutung, die ein Werk annehmen kann«
(Auszug aus der oben genannten Magisterarbeit: Willms 2008).

#4: Hegemonie, Identität und Emanzipation.
Vortrag und Diskussion mit Friederike Habermann
Freitag, 31.10.2008, 19.00 Uhr

Immer wieder wird beklagt, dass Kapitalismus, Sexismus, Rassismus und andere Herrschaftsverhältnisse als unverbunden in der Analyse erscheinen – wenn sie denn überhaupt gemeinsam in die Analyse einbezogen werden. Mit der ‚subjektfundierten Hegemonietheorie’ wird ein Ansatz skizziert, der – aufbauend auf Antonio Gramscis Hegemoniebegriff und in Erweiterung durch postmarxistische, postfeministische und postkoloniale Ansätze – von der Verwobenheit aller Herrschaftsformen ausgeht. Dabei wird deutlich, dass sowohl Identitäten als auch der gesellschaftliche Kontext nicht unabhängig davon gedacht werden können.
Assoziation für kritische Gesellschaftsforschung (AKG)

#5: Sieger schreiben Geschichte?
Eine Diskussionsveranstaltung zum Film Der Baader Meinhof Komplex
Montag, 3.11.2008, 20.30 Uhr

Wie wird die Geschichte der bewaffneten Konfrontation zwischen RAF und Staat geschrieben? Der Film Der Baader Meinhof Komplex präsentiert sich naiv authentisch und wird gerade dadurch zur Sinn stiftenden Angelegenheit.
In Form eines Spielfilms werden hier allgemeingültige Aussagen über Rebellion, Legitimität und Scheitern getroffen, die das Bild, das vom so genannten roten Jahrzehnt vorherrscht, mit Sicherheit prägen werden.
Wir wollen in einer offenen Form auf der Grundlage von zehn Thesen über Machart, Inhalte und Implikationen einer solchen Art der Geschichtsschreibung reden.

#6: Bernd Belina: „Die Produktion des Raums bei Henri Lefebvre und David Harvey“
Dienstag, 4.11.2008, 20.00 Uhr

Lefebvre und Harvey haben sich schon lange vor dem „spacial turn“ mit der Frage des Raums als gesellschaftlichem Verhältnis auseinandergesetzt. Bernd Belina wird in seinem Vortrag ihre theoretischen Konzepte vorstellen und gegeneinander diskutieren.

#7: Andrej Holm: “Zur Rolle der Subkultur in Gentrificationprozessen”.
Mittwoch, 5.11.2008, 20.00 Uhr

http://gentrificationblog.wordpress.com

#8: Johanna Hoerning: „Groß, größer, mega? Über die Bedeutung der Größe als Definitionskriterium für Stadt“. Vortrag und Diskussion.
Donnerstag, 6.11.2008, 20.00 Uhr

Der Vortrag widmet sich einer kritischen Auseinandersetzung mit der (stadtsoziologischen) Grundannahme, dass quantitative und qualitative Eigenschaften von Städten in einem direkten Zusammenhang miteinander stehen.
Die Überlegungen werden in einem zweiten Schritt mit dem heutigen wissenschaftlichen Diskurs zu den sog. Mega-Städten konfrontiert.

Autonome Tutorien:

Zeit und Raum als gesellschaftswissenschaftliche Kategorien.
Donnerstags, 30.10. und 6.11.2008, 18.00 Uhr

In den Gesellschaftswissenschaften sind Zeit und Raum nur sehr selten Gegenstand der Reflexion. Im ersten Moment würde beides meistens auch eher im Bereich der Philosophie, der Physik oder der Geographie verortet werden. Doch entgegen dieser weit verbreiteten Vorannahme sind beide zutiefst gesellschaftlich geprägt. In dem Tutorium soll eine Annäherung an die gesellschaftlichen Implikationen von Zeit und Raum, bzw. an ihre gesellschaftlichen Konstitutionsmomente versucht werden. Hierbei könnte von Kants Annahmen ausgegangen werden, um diese kritisch mit verschiedenen Ansätzen zu kontrastieren: beispielsweise von Lefébvre, Postone, Poulantzas oder Debord. Das genaue Programm wird aber gemeinsam im Tutorium erarbeitet, bzw. ausgehandelt. Es ist hierbei offen und gewünscht, dass die Teilnehmer_innen eigene Vorschläge einbringen.

Ausstellung:

*dérive*. Streetart in Frankfurt am Main. (Photographien)
Vernissage am Mittwoch, 29.10.2008, 21.30 Uhr.
Öffnungszeiten ab Montag, 3.11.2008 während den Veranstaltungszeiten der gg_uni; Mo, Di, Do 16 .oo- ca. 22.oo, Mi 16.oo – open end, fr 18.oo – 21.oo.

Party / Konzert / Kiosk / Film:

#1: Film: Metropolis. Fritz Lang (1927)
Sonntag, 2.11.2008, 20.00 Uhr, Salon/offenes Atelier im 2. Stock

#2: Film: München – Geschichte einer Stadt.
Freitag, 7.11.2008, 18.00 Uhr

#3: [kiosk] BarAbend. Jeden Mittwoch, ab 22.00 Uhr

#4: gg_uni opening concert: Git Some // Myself // Jokari
Montag, 27.10.2008, 21.00 Uhr

#5: Semesterstart- und Studieprotestsoliparty. Tintus DJ Team [electro – indie – new rave]. Powered by LiLi – Linke Liste an der Uni Frankfurt.
Freitag 14.11.2008, 22.oo