Samstag 11. – Montag 13.4.2009 // täglich ab 12 Uhr im IVI, Kettenhofweg 130:
Lektürekurs: 61 Thesen ÜBER DIE SITUATIONISTISCHE INTERNATIONALE & IHRE ZEIT (Zirkular 1972).
Die erste vollständige, jahrelange, kollektive & öffentliche kritische Lektüre (im deutschsprachigen Raum) des Buches von Guy Debord „Die Gesellschaft des Spektakels“ wurde Ende 2008 in TPL abgeschlossen. Die Mitschnitte dieser Kurse & Diskussionen liegen vollständig vor, und die Veröffentlichung der Protokolle/Kommentare zu sämtlichen 221 Thesen auf den websites von TPL u.a. wird im Laufe des Jahres 2009 fortgesetzt.
Nunmehr kommen wir zum letzten historischen Dokument der S.I., veröffentlicht in der Broschüre "Die wahre Spaltung in der Internationalen. Öffentliches Zirkular der Situationistischen Internationalen" ("La véritable scission dans l’Internationale", Paris 1972, dt. Übersetzung von der "Projektgruppe Gegengesellschaft" unter dem Titel "Die wirkliche Spaltung in der Internationalen", Düsseldorf 1973, später wiederaufgelegt von "Revolutionsbräuhaus Wien" sowie in "Texte der Situationistischen Internationale" Heft VII, Berlin 2005. Vom prosituationistischen Kartell Nautilus-/Tiamat-Verlag wurde dieser Text bezeichnenderweise in sämtlichen Anthologien & Einzeleditionen der interessierten Leserinnenschaft bewusst unterschlagen, so als hätte es ihn nie gegeben. Eine seriöse Neuübersetzung ins Deutsche gibt es bis heute nicht.)
Dieses Zirkular der S.I. wurde 1972 zur Begründung ihrer Selbstauflösung verfasst von Guy Debord & Gianfranco Sanguinetti. Es ist die konsequente Fortschreibung und „das letzte Wort“ der situationistischen Spektakeltheorie im Rahmen der S.I. selbst, wurde jedoch bis heute aus Gründen (wegen seiner gruendlichen theoretischen Destruktion des „Pro-Situationismus“, der sich dann aber praktisch prompt nach 1972 und vor allem nach 1994 als herrschende Rekuperation durchgesetzt hat) nie oeffentlich rezipiert.
In TPL wird nun diese unversöhnliche S.I.-Selbstanalyse zum ersten Mal überhaupt, öffentlich & kollektiv der kritischen Aneignung zugänglich gemacht. Dieses Dokument der spektakeltheoretischen Zuspitzung und historischen situationistischen Selbstkritik enthält u.a. die situationistische Klassenanalyse letzter Hand: die Theorie von den „Führungskräften“, welche u.a. Bourdieus Habitustheorie bereits Anfang der 1970er, allerdings materialistisch, vorweggenommen hat. –
Die Textvorlagen werden bereitgestellt & These für These mit dem Original verglichen.
Wie immer in unserem Labor werden dazu — je nachdem wieviel Zeit dafür neben der Textarbeit bleibt — Filmraritäten aus und um
Entwendungsproduktionen von S.I.-Genoss_innen angeschaut & diskutiert, um uns auch weiter an eine materialistisch historische Imageologie (Bildwissenschaft) heranzuarbeiten.
http://theoriepraxislokal.org/