Gesellschaftskritik ohne Gegenstand

Gesellschaftskritik ohne Gegenstand – Axel Honneths Anerkennungstheorie aus materialistischer Perspektive

Robin Mohan/Daniel Keil

Folgt man für einen Moment der üblichen wissenschaftsgeschichtlichen Erzählung über die Kritische Theorie, die nach Art eines Familienromans gestrickt ist, so hat Jürgen Habermas als Protagonist der zweiten Generation die ‚kommunikationstheoretische Wende’ und Axel Honneth als Protagonist der dritten Generation die ‚anerkennungstheoretische Wende’ der Kritischen Theorie vollzogen. Nicht nur durch die enge Verknüpfung der Anerkennungstheorie mit dem Institut für Sozialforschung und dessen Forschungsprogramm, das Honneth als neuer Direktor des Instituts (mit)entworfen hat konnte sie sich direkt in die Tradition von Adorno und Horkheimer stellen. Vielmehr wurde und wird darüber hinaus suggeriert, es sei ein kategorialer Rahmen entwickelt worden, in dem die heute noch beizubehaltenden Ansprüche der Kritischen Theorie besser zu verwirklichen seien. So bietet sich die Anerkennungstheorie gegenwärtig als Perspektive der Gesellschaftskritik an und wird als solche diskutiert. Der Vortrag wird die gesellschaftstheoretischen Grundlagen der Anerkennungstheorie darstellen, um daran anschließend eine Kritik aus materialistischer Perspektive zu formulieren, die zentral einen Gegenstandsverlust im handlungstheoretischen Normativismus feststellt.